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"Beratung"

Beratung und Begleitung

Selbsthilfegerechte Beratung

Der Begriff der selbsthilfegerechten Beratung wurde durch Michael Lukas Moeller geprägt und ist von besonderer Bedeutung, weil eine Beratung im Selbsthilfekontext eine andere ist, als in weiteren sozialen und gesundheitlichen Bereichen. Es geht nicht in erster Linie um die Fürsorge, wie es bereits in der Rubrik Berufsrolle beschrieben wurde, sondern selbsthilfegerechte Beratung nach Moeller (1993) bedeutet in erster Linie „mit jemanden beraten, nicht jemanden beraten“ (Moeller 1993, S. 50).

Die Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstelle sollen in der Beratung und Begleitung nach Möglichkeit mit ihren Bemerkungen und Interventionen das Potenzial zur gemeinschaftlichen Selbsthilfe der Betroffenen fördern.

Es geht darum, im Rahmen eines offenen Austausches mit den Betroffenen oder den Gruppenteilnehmenden gemeinsam Wege zu finden, Lösungsansätze zu entwickeln und notwendige Maßnahmen zu besprechen. In dieser Rolle muss man nicht immer auf alles eine Antwort geben, sondern regt die Betroffenen oder Gruppenmitglieder an, untereinander eine angemessene Lösung zu finden. Diesen Prozess moderieren die Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen und versuchen eine angenehme Atmosphäre für ein offenes Gespräch zu schaffen.

Damit eine selbsthilfegerechte Beratung erfolgen kann, sind drei Aspekte für die Mitarbeitenden Voraussetzung:

  • Ein Bewusstsein der beratenden Person für Beziehungen und hier insbesondere von der multipersonalen Beziehungsform der Gruppe
  • Anregung zur Selbstentwicklung geben ohne dabei in die Falle der Berater-Klient-Beziehung zu tappen, das heisst Beratende wissen mehr als ihre Gegenüber und versuchen dies auch zu vermitteln
  • Eigene Praxisreflexion vornehmen, im besten Fall durch Supervision (Moeller 1993, S. 50ff.)

Moeller empfiehlt ebenfalls, als Mitarbeitende von Selbsthilfekontaktstellen eigene Erfahrungen in Gruppenprozessen, gegebenenfalls sogar in Selbsthilfegruppen zu sammeln um mit diesen Kenntnissen andere beraten zu können. Denn auch wenn versucht wird, gewollt auf Augenhöhe zu beraten, so ist „der Beratungsprozess zu neun Zehntel unbewusst […] und nur zu einem Zehntel bewusst“ (Moeller 1993, S. 59).

Seelische Gesundheit

Sprechzeit in der psychiatrischen Klinik

Offene Sprechzeit für Interessierte an einer Selbsthilfegruppe

Bild: BeKoS Oldenburg / Karl-Jaspers-Klinik

Seit Juli 2019 bietet die Beratungs- und Koordinationsstelle für Selbsthilfegruppen e.V. (BeKoS) Oldenburg einmal monatlich in der örtlichen psychiatrischen Klinik eine offene Sprechzeit für Patient*innen der Klinik an. Dieses niedrigschwellige Angebot verfolgt das Ziel, über Selbsthilfegruppen zu informieren. Die BeKoS wird während der Sprechzeiten von „Erfahrenen“ aus bestehenden Selbsthilfegruppen unterstützt. Dies ist besonders wertvoll, weil sie ihre Erfahrungen aus der Selbsthilfegruppe weitergegeben und dazu ermutigen, nach dem Klinikaufenthalt Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufzunehmen. Da die Patient*innen aus der Weser-Ems-Region kommen, beteiligen sich auch die Selbsthilfeunterstützungsstellen aus den benachbarten Landkreisen an diesen Sprechzeiten. Die Koordination dieses Projektes hat die BeKoS übernommen.

Weitere Informationen finden Sie hier:
BeKoS Oldenburg
Flyer: Offene Sprechzeit für Interessierte an einer Selbsthilfegruppe

Beratung und Begleitung

Unterschiede Beratung und Begleitung

Wichtig ist es, zwischen der Beratung und der Begleitung von Selbsthilfegruppen zu unterscheiden. Eine Beratung von Selbsthilfegruppen findet außerhalb der regulären Gruppensitzungen statt. Sie bezieht sich auf Organisation, Gruppendynamik und Kommunikation von Selbsthilfegruppen. Eine Begleitung findet während der regulären Gruppensitzungen statt. Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen geben Informationen weiter, vermitteln Fertigkeiten und nehmen mit Rückmeldungen zum Gruppengeschehen Einfluss, um den Gruppenverlauf und das Gruppenklima zu verbessern.

Beratung oder Begleitung nehmen die Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen nur dann vor, wenn das die gesamte Selbsthilfegruppe wünscht. Nur so ist gewährleistet, dass kein Gruppenmitglied sie als aufgezwungen empfindet. Beratung und Begleitung beziehen sich auf die Gruppe als ganzes und nicht auf die Probleme einzelner Mitglieder.

Beratung und Begleitung von Selbsthilfegruppen kann in den folgenden unterschiedlichen Phasen nötig werden und sollte dann stattfinden, wenn die gesamte Selbsthilfegruppe dies wünscht oder die Gründungssituation dies erfordert:

  1. Gründungssituation, bei der Gründungsversammlung, erste Gruppensitzung
  2. Startphase, bei den ersten drei bis maximal zehn Gruppensitzungen
  3. Auftreten von praktischen und organisatorischen Problemen, zum Beispiel bei der Vereinsgründung oder der finanziellen Förderung
  4. Wunsch nach Rückmeldung über den Gruppenverlauf und nach Belebung des Gruppengeschehens zum Beispiel Erfahrungsaustausch, Fortbildungen
  5. Konfliktsituationen, die den Bestand der Gruppe gefährden
  6. Neuorientierung und Änderung der Ziele einer Selbsthilfegruppe

Gruppengründung

Krisenbegleitung

Gruppengründung

Vereinsgründung

In aller Regel schließen sich Selbsthilfegruppen ohne formalen organisatorischen Rahmen zu ihrer Gruppenarbeit zusammen. Manche entwickeln jedoch mit der Zeit Aktivitäten, die über den unmittelbaren Gruppenrahmen hinausgehen: Vielleicht wollen sie eine Beratung für andere Gleichbetroffene anbieten oder Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung für ihr Anliegen betreiben. Dann stellen sich Gruppen häufig die Frage, ob sie einen Verein gründen sollen, um so diese Ziele besser verwirklichen zu können. Oft werden dann auch finanzielle Mittel benötigt, und die Gründung eines Vereins ist vielfach eine Vorbedingung, um eine finanzielle Unterstützung zu erhalten.

Mit der Gründung eines Vereins unternimmt die Selbsthilfegruppe einen qualitativen Schritt, für den Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen auf Wunsch Informationen bereithalten sollten. Neben der Empfehlung, eine der inzwischen zahlreichen Publikationen und Internetinformationen zum Thema „Wie gründe und leite ich einen Verein?“ zu konsultieren, sollte es im Gespräch mit den potenziellen Vereinsgründenden darum gehen, die oft nicht bedachten Folgen einer Vereinsgründung zu reflektieren: Dazu zählen nach der Satzungsentwicklung zum Beispiel die Übernahme zusätzlicher und regelmäßig anfallender organisatorischer Arbeiten wie Vorstandswahlen, Nachweis der Gemeinnützigkeit, Einwerbung von Spenden, Abrechnung der Vereinsmittel, Einbindung von Fördermitgliedern sowie die Veränderungen des Macht- und Informationsgefälles, die durch die Übernahme von Rechten und Pflichten durch den Vorstand in der Selbsthilfegruppe entstehen.

Tipp Je nach lokalen Gegebenheiten bietet sich bei der Beratung zur Vereinsgründung und zu speziellen Themen der Vereinsführung eine Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden oder anderen sozialen Einrichtungen an.

Wegweiser Bürgergesellschaft: Arbeit im Verein