Rechtliche Grundlagen

Für die Arbeit in Selbsthilfekontaktstellen und mit Selbsthilfegruppen gibt es verschiedene gesetzlich geltende Regelungen. Es hängt dabei von den Aktivitäten ab, welche Bestimmungen von Bedeutung sind und welche nicht. Nachfolgend sind einige Themen zusammengestellt, die für Mitarbeitende von Selbsthilfekontaktstellen gerade bei der Beratung und Begleitung von Selbsthilfegruppen relevant sein können.

Allgemeines zu Recht und Selbsthilfegruppen

Die meisten rechtlichen Fragestellungen spielen für Selbsthilfegruppen zumindest bei der Gruppengründung keine Rolle. Erst wenn eine Gruppe einen Verein gründen will, muss sie sich mit dem Vereinsrecht auseinandersetzen. Versicherungsschutz und Besteuerung sind erst von Bedeutung, wenn eine Gruppe Veranstaltungen plant oder Einnahmen hat. Gruppenleitungen und Gruppenmitglieder können sich also nach und nach mit den meisten Rechtsfragen befassen oder sind davon dauerhaft nicht betroffen. Nur der Datenschutz gilt für alle Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen und muss von Anfang an beachtet werden.

Für alle Selbsthilfegruppen, die vereinsrechtlich organisiert sind, gibt es seit Jahren eine Fülle von Veröffentlichungen und Ratgebern, die sich mit dem Vereinsrecht für die Praxis beschäftigen. Für Selbsthilfegruppen, die nicht vereinsrechtlich strukturiert sind, gibt es hingegen nur wenige Informationen über ihren rechtlichen Status.

Daher wird hier der Ratgeber „Recht für Selbsthilfegruppen“ empfohlen. Dieser richtet sich an Gruppen und Initiativen, die keine Vereine sind. Mit Hinweisen auch zum Presse-, Versicherungs-, und Steuerrecht werden aktuelle Bezüge hergestellt, um die rechtliche Situation der Selbsthilfegruppen praxisgerecht darzustellen. Unter anderem werden grundsätzliche Fragen, die es den Selbsthilfegruppen erleichtern sollen eine konkrete Standortbestimmung ihrer Gruppe im Rechtsverkehr vorzunehmen, thematisiert.

Selbsthilfezentrum München: Recht für Selbsthilfegruppen

Datenschutz

Datenschutz-Bestimmungen gelten für alle Selbsthilfegruppen und müssen von Anfang an berücksichtigt werden. Mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 hat das Thema Datenschutz für die Selbsthilfe noch einmal größere Bedeutung gewonnen.

Das Datenschutzrecht wird durch die DSGVO EU-weit vereinheitlicht. Die DSGVO regelt die Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten in allen Kontexten, außer im rein privaten Rahmen. Daher gilt sie auch für alle Strukturen der Selbsthilfe: für Selbsthilfegruppen, für Selbsthilfevereinigungen und für Selbsthilfekontaktstellen.

Wenn in der Selbsthilfe personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden, müssen die Vorgaben der DSGVO umgesetzt werden. Selbsthilfevereinigungen und Selbsthilfekontaktstellen sind dann verpflichtet, sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um einen angemessenen Schutz dieser Daten zu gewährleisten.

In der folgenden Publikation sind Informationen sowie verschiedene Link- und Lesetipps zu der Thematik zusammengetragen.

NAKOS: Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Weitere relevante Links finden Sie hier:

NAKOS: Datenschutz

Selbsthilfegruppe als Verein

Eine Selbsthilfegruppe muss kein Verein sein. Es gehört jedoch in die gemeinschaftliche Entscheidungsfreiheit der Gruppenmitglieder, ob sich die Gruppe in ihren Strukturen und Regeln eines Vereins organisieren möchte. Die Rechtsform als Verein bietet die Möglichkeit, sich auch in größerer Gemeinschaft zu strukturieren und rechtssicher Verbindlichkeiten zu regeln.

Wer einen Verein gründet, benötigt mindestens sechs weitere Mitstreiter*innen, mit denen man die Ideen und das Vorhaben teilt. Weiter wird eine Satzung benötigt, eine Gründungsversammlung muss erfolgen mit einem von den Gründungsmitgliedern unterschriebenen Protokoll über diese Gründungsversammlung sowie gewählte Vertreter*innen des Vereins, in der Regel den Vorstand.

Wer auch eine Eintragung des neuen Vereins ins Vereinsregister vornehmen will, sollte sich die Unterschriften der gewählten Vertreter*innen des Vorstands notariell beglaubigen lassen. Oft übernimmt diese*r Notar*in dann auch die weiteren Formalien zur Eintragung ins Vereinsregister, aber das ist in den verschiedenen Bundesländern in Deutschland unterschiedlich geregelt. Soll der Verein auch gemeinnützig sein, muss bei der Vereinsgründung darauf geachtet werden, dass der Verein sowohl gemeinnützige Zwecke verfolgt als auch dass das daraus resultierende Steuerprivileg beim zuständigen Finanzamt, in der Regel das für Vereine zuständige Finanzamt für Körperschaften, beantragt wird.

Bevor an die Gründung eines Vereins gedacht wird, sollten jedoch geprüft werden, ob ein Verein die passende, zweckmäßige Rechtsform für Ihre Unternehmung ist. Grundsätzlich wird von der deutschen Rechtsordnung eine Fülle von Vereinigungsformen zur Verfügung gestellt. Eine Typologie des Gesellschaftsrechts in Deutschland kann hier nicht aufgezeigt werden und ist im Bedarfsfall in der einschlägigen Literatur der Betriebswirtschaftslehre nachzulesen. Grob lässt sich hier nur darauf hinweisen, dass es keinen „Eine-Person-Verein“ gibt oder ein Verein sich nicht als erwerbswirtschaftliches Unternehmen eignet. Der angestrebte Zweck des Vereins sollte in der Form eines Idealvereins verfolgt werden. Für den Bereich der Selbsthilfe bietet die Rechtsform des Vereins jedoch sehr gute Grundvoraussetzungen infolge seiner Flexibilität im Vereinszweck und der Mitgliederzahl sowie seiner möglichen basisdemokratischen Grundstruktur.

Weitere Informationen zur Vereinsgründung sind im Lexikon zu finden.
Verein, der eingetragene Verein
Gemeinnützigkeit, steuerbegünstigende Zwecke
Vereinssatzung

Versicherungsschutz

Mit Fragen zum Versicherungsschutz sollten sich Selbsthilfegruppen insbesondere befassen, wenn sie öffentliche Veranstaltungen planen. Ein Beispiel: Eine Selbsthilfegruppe präsentiert sich und ihre Arbeit draußen mit einem Informationsstand. Bei einem Windstoß werden Teile des Stands durch die Luft geschleudert und verletzen eine Teilnehmerin oder verursachen einen Kratzer bei einem parkenden Auto. Oder: Die Veranstaltung findet in einem Raum statt und ein*e Besucher*in stolpert über ein Stromkabel und verletzt sich auf diese Weise. Um für solche Fälle abgesichert zu sein, sollten Selbsthilfegruppen klären, ob ein besonderer Versicherungsschutz erforderlich ist.

In der Regel genießen Freiwillige über die Organisation Versicherungsschutz, in der sie aktiv sind. Betriebs- und Vereinshaftpflichtversicherungen schützen in der Regel alle haupt-, neben- und ehrenamtlich Engagierten. Vereine und Organisationen sollten daher dafür sorgen, dass die in ihrem Auftrag ehrenamtlich Tätigen und die in leitender Person Verantwortlichen von der Haftung freigestellt sind.

Wer keine leitende Funktion in seinem Verein ausübt, ist in der Regel durch seine private Haftpflichtversicherung geschützt. Bitte beachten Sie, dass die private Haftpflichtversicherung normalerweise nicht für die Ausübung eines leitenden Amtes gilt. Erkundigen Sie sich nach Ihrem tatsächlichen Versicherungsschutz in Ihrer Vereinigung beziehungsweise bei Ihrer privaten Versicherung.

Für Menschen, die in rechtlich unselbständigen Gruppen oder Initiativen freiwillig engagiert sind, gelten unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern: oft gibt ein Landesrahmenvertrag oder ein Sammelvertrag Sicherheit, um einen lückenlosen Versicherungsschutz für alle zu gewährleisten.

Zu den Themen Unfallversicherung, Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und Veranstalter-Haftpflicht sind weitere Hinweise im Lexikon zu finden.
Unfallversicherung
Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung
Veranstalterhaftpflicht

Besteuerung von Selbsthilfegruppen

Fragen zur Besteuerung sind für Selbsthilfegruppen erst dann von Bedeutung, wenn sie Einnahmen erzielen.

Grundsätzlich unterliegen alle Einnahmen, auch solche aus ehrenamtlichen Tätigkeiten, der Einkommenssteuer. Es ist dabei unerheblich, wie diese Einkünfte bezeichnet werden. Auch „Aufwandsentschädigungen“ unterliegen der Steuerpflicht, wenn damit Einkünfte erzielt werden (Stand Dezember 2020). Es gibt jedoch Möglichkeiten der Steuerbefreiung.

Um das ehrenamtliche Engagement der Bürger*innen in Deutschland zu fördern, hat der Gesetzgeber im Einkommenssteuergesetz drei mögliche Steuerbefreiungen für bestimmte nebenberufliche Tätigkeiten geschaffen:

  • die so genannte Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26 EStG
  • die so genannte Ehrenamtspauschale nach § 3 Nr. 26a EStG
  • die so genannte Pflegepauschale nach § 3 Nr. 26b EStG

Darüber hinaus existieren gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Steuerbefreiungen für viele ehrenamtliche Tätigkeiten im kommunalen Bereich (Mandatsträger, Freiwillige Feuerwehr, öffentliche Dienste). Die Kommunen stellen hierfür ausführliche Informationen zur Verfügung.

Weitere Hinweise sind im Lexikon zu finden.
Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibetrag

Quellennachweise

nakos.de: Datenschutz in der Selbsthilfe. Themenseite.
https://www.nakos.de/themen/datenschutz

nakos.de: Rechtliche Fragen zur Selbsthilfearbeit. Beitrag in der Rubik Praxiswissen.
https://www.nakos.de/informationen/praxiswissen/rechtliches/