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"Verhandlung"

Netzwerkarbeit

Verhandlungsstrategien für die Anbahnung von Kooperationen und Netzwerken

Eine Möglichkeit der Verhandlung ist das „Sachbezogene Verhandeln“ nach dem Harvard Konzept von Fisher, Ury und Patton (2015). Diese Form der Verhandlung zielt auf gegenseitigen Nutzen der Beteiligten hin. Sie ist „hart in der Sache aber weich zu den Menschen“. Sachbezogenes Verhandeln nach dem Harvard Konzept ist von vier Grundgedanken geprägt:

  1. Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln
  2. Auf Interessen konzentrieren, nicht auf Positionen
  3. Vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickeln
  4. Das Ergebnis an neutralen Entscheidungsprinzipien messen

1. Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln
„Verhandlungspartner sind zuallererst Menschen.“ Die Menschen, die im Rahmen einer Verhandlung zusammenkommen, wollen in ihrer Verschiedenheit und Sichtweise auf die Dinge akzeptiert und anerkannt werden. Dies setzt einen respektvollen Umgang miteinander voraus. Gerade wenn die Verhandlungspartner absehen können, dass sie auf längere Sicht immer wieder Verhandlungen miteinander führen müssen, zum Beispiel Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstelle mit Mitarbeitenden einer bestimmten Krankenkasse, sollten beide Seiten Wert auf die Pflege ihrer Beziehung legen. Eine tragfähige Beziehung zum Verhandlungspartner – die nicht mit Freundschaft gleichzusetzen ist – macht auch harte Auseinandersetzungen in der Sache und um den Verhandlungsgegenstand leichter. Wenn eine grundsätzliche Akzeptanz zwischen den Menschen gegeben ist, kann auch hart in der Sache gerungen werden. Die Autoren schlagen dabei folgende Wege vor, um diesem Ziel näher zu kommen:

  • Die Fähigkeit, sich in die Lage des Verhandlungspartners hineinzuversetzen, seine Perspektive zu verstehen und dies auch zum Ausdruck bringen zu können. Dies halten die Autoren für eine wesentliche Fertigkeit im Verhandlungsprozess. Interessant ist hier die Parallele zu einer gelungenen Mediation: Auch hier ist die Phase des wechselseitigen Verstehens des jeweiligen Konfliktpartners entscheidend für eine mögliche Konfliktlösung.
  • Beide Seiten, die eigenen Interessen und die Interessen des anderen, im Blick haben und formulieren können. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, die Gegenseite frühzeitig in den Verhandlungsprozess mit einzubinden und nicht eigenständig die Ergebnisse vorzugeben.
  • Emotionen spielen in Verhandlungen eine große Rolle, da es oft um viel geht. Die Autoren empfehlen, nicht auf emotionale Ausbrüche reagieren – Gefühle der anderen akzeptieren.
  • Häufig tauchen in der Verhandlung Kommunikationsprobleme auf, weil die Verhandlungspartner nicht zuhören können oder es zu Missverständnissen kommt. Wichtig ist es deshalb, sich gegenseitig aufmerksam zuhören und Rückmeldung geben über das, was verstanden wurde, um Missverständnissen vorzubeugen.

2. Auf Interessen konzentrieren, nicht auf Positionen
Wie oben erwähnt, verhandeln Menschen oft um Positionen, ohne die Interessen und Bedürfnisse, die dahinterstehen, zu formulieren. Die Autoren schlagen deshalb vor, diese „eigentlichen“ Beweggründe bei einer Verhandlung in den Vordergrund zu stellen. Dies bietet die Chance sich einerseits tatsächlich besser verstehen zu können und andererseits neben unterschiedlichen Interessen auch gemeinsame Interessen herauszuarbeiten, die das Verhandlungsergebnis für beide Seiten befriedigender machen können. Für diesen Aspekt hält das Harvard-Konzept folgende Anregungen bereit:

  • Die wichtigsten Interessen sind menschliche Grundbedürfnisse wie Sicherheit, wirtschaftliches Auskommen und Zugehörigkeitsgefühl. Dies gilt es in jeder Verhandlung zu berücksichtigen und im Auge zu behalten. Hierin stecken auch die schon erwähnten gemeinsamen Interessen.
  • Diese und andere Interessen gilt es in Einklang zu bringen, nicht die Positionen, die davor stehen. Dazu müssen die eigenen Interessen benannt und verdeutlicht und die Interessen der anderen gewürdigt und als Teil des Problems anerkannt werden. Dabei werden gemeinsame und gegensätzliche Interessen herausgefunden, benannt und festgehalten.

3. Vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickeln
Die Verhandlungspartner*innen glauben meist, die aus ihrer Sicht richtige Antwort für die Lösung schon zu kennen. Diese vorschnellen Urteile bei der Suche um die richtige Lösung verhindern meist gute Ergebnisse im Sinne aller Beteiligten. Um zu einer für alle Beteiligten möglichst guten Übereinkunft zu kommen, halten es die Autoren für wichtig, zunächst möglichst viele Optionen zu formulieren. Dazu eignet sich am besten ein Brainstorming in Form einer Ideensammlung, wo alles was denkbar ist, erstmal benannt werden kann, ohne gleich bewertet zu werden. Es geht dabei darum, sich von einer Denkweise zu verabschieden, die darauf abzielt sich vorschnell auf die eine richtige Lösung zu konzentrieren. Verhandeln nach dem Harvard-Konzept bedeutet an dieser Stelle, „den Kuchen zu vergrößern“, in dem möglichst viele kreative Alternativen entwickelt werden.

4. Das Ergebnis an neutralen Entscheidungsprinzipien messen
Wie sehr das bisher dargestellte Verhandlungskonzept die Verhandlung bereits vorangebracht hat – es kann sein, dass auch gegen Ende die harte Realität einander widerstreitender Interessen im Raum steht, die eine Verhandlungslösung noch nicht ermöglicht. Die Vertreter der Selbsthilfekontaktstelle stehen immer noch auf dem Standpunkt, dass das Modellprojekt, um das es gerade geht, vollständig von der Krankenkasse finanziert wird, deren Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass auch die öffentliche Hand ihren Teil dazu beitragen soll. Es besteht die Gefahr, dass jede Seite versucht, mit aller Macht ihren Willen durchzusetzen. Dies ist anstrengend, kostet viel Kraft und bringt meist kein gutes Ergebnis, mit dem beide Seiten leben können.

In dieser Phase der Verhandlung ist es deshalb sinnvoll, nach neutralen Entscheidungsprinzipien zu suchen, auf deren Grundlage dann eine Einigung möglich wird. Kriterien könnten – bezogen auf das obige Thema – zum Beispiel Vergleichsfälle sein, die Orientierung bei der Finanzierung von Modellprojekten schaffen. Wichtig dabei ist, dass die Kriterien von beiden Seiten anerkannt werden und nicht einseitig ein entsprechender Maßstab gesetzt wird (Liefert 2019).