Ergebnisse aus der Themensuche zu dem Suchbegriff
"Konflikte"

Klärungsgespräch

Ambivalenzen erkennen und auflösen

Im Klärungsgespräch setzen sich Betroffene mit ihren Wünschen und Möglichkeiten an eine eigenständige Problembearbeitung auseinander. In Hinblick auf eine solche Problembewältigung sind viele Betroffene ambivalent: Sie fühlen sich zugleich angezogen und abgeschreckt davon, ihre Probleme in einer Gruppe zwar Gleichbetroffener, aber Fremder offenzulegen, in der es keine Leitungsperson gibt, die für die Problemlösung verantwortlich ist.

Interessierte signalisieren öfter Ängstlichkeit vor der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und gleichzeitig sehr hohe Erwartungen an den Erfolg der Gruppenarbeit. Viele wünschen sich eine dauerhafte Hilfe durch die Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen. Sie reagieren enttäuscht oder verärgert, wenn ihnen bewusst wird, dass die Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen die Einzelberatung auf das Klärungsgespräch beschränken und auch die Selbsthilfegruppe nicht leiten werden. Mitarbeitende fühlen sich dann oft im Gegenzug zur Zuwendung aufgefordert oder sind versucht, selbst verärgert oder ablehnend zu reagieren beziehungsweise verspüren die Neigung, für die betroffene Person Entscheidungen zu treffen.

Für Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen besteht in einer solchen Situation die Gefahr, Interessierte zur Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe zu überreden. Ein solches „Überreden“ hätte aber zur Folge, dass Interessierte sich einer Selbsthilfegruppe anschließen, ohne ihre Bedürfnisse und Motive für die Arbeit in der Gruppe wirklich geklärt zu haben. Sie wären zur gemeinschaftlichen Selbsthilfe nicht wirklich bereit. Dann kann es passieren, dass sie versuchen, Mitglieder ihrer Gruppe in Positionen zu drängen, in denen diese ihnen helfen und für sie die Verantwortung übernehmen sollen. Dadurch käme es wahrscheinlich in der Gruppe zu Spannungen, die alle Mitglieder belasten würden. „Überredete“ Interessierte könnten resignieren und sich daraufhin enttäuscht aus der Selbsthilfegruppe zurückziehen.

Die dargestellten Ambivalenzen müssen im Klärungsgespräch angemessen aufgelöst werden. Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen müssen die widerstreitenden Signale von Interessierten bewusst aufgreifen und ansprechen. Nötig ist dafür ein offenes, vertrauensvolles Klima, in dem Ängste und Befürchtungen, Erwartungen und Hoffnungen ausgesprochen werden können. Die Interessierten sollen ernst und angenommen werden, damit sie ihre Gefühle selbst verstehen und ihre Entscheidungen abwägen können. Sie werden weder reglementiert noch beschwichtigt und müssen sich letztlich selbst für oder gegen die Arbeit in einer Selbsthilfegruppe entscheiden.

Beratung und Begleitung

Probleme bei der Begleitung

Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen bieten Hilfe für die Gruppenarbeit an, zum Beispiel Informationen über Gruppenregeln. Allerdings ist die Begleitung nicht mit einer therapeutischen Arbeit gleichzusetzen. Die Begleitung von Selbsthilfegruppen ist ein Balance-Akt: Einerseits werden Strukturierungshilfen und Empfehlungen für die Gruppenarbeit zum Beispiel Gruppenregeln gewünscht, andererseits ist es Aufgabe der Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstelle, die vorhandenen Möglichkeiten und Fähigkeiten zur Selbsthilfe in der Gruppe „freizulegen“. Mitarbeitende müssen sich also davor hüten, zu normieren oder Ziele vorzugeben. Bei aller Zurückhaltung führte manchmal bereits die Vorstellung möglicherweise sinnvoller Gruppenregeln dazu, dass diese übernommen wurden ohne sie zu hinterfragen und die Selbsthilfegruppe sich nicht an ihren spezifischen Bedürfnissen und Möglichkeiten orientiert. Solche Wirkungen können auch von Selbsthilfeprogrammen, Lebenshilfe-Büchern oder psychotherapeutischen Verfahren ausgehen. Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen sollten solche Wirkungen im Auge behalten und sie offen mit der Gruppe erörtern.
Neben diesen grundsätzlichen Schwierigkeiten, kann es auch eine Vielzahl von problematischen Einzelaspekten in der Beziehung zwischen Selbsthilfegruppenmitgliedern und Mitarbeitenden geben.

Gefahren durch Mitglieder der Selbsthilfegruppen:

  • Selbsthilfegruppen können Mitarbeitende „vereinnahmen“ und in Konflikte verwickeln.
  • Sie können unrealistische Ziele haben und erwarten, dass Mitarbeitende diese erfüllen.
  • Sie können Mitarbeitende auch bei solchen Problemen hinzuziehen, mit denen sie sehr wohl aus eigener Kraft fertig werden könnten.
  • In der Gruppe können Probleme unangemessen dargestellt, Sach- und Beziehungsprobleme könnten vermischt werden.

Gefahren durch 
Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen:

  • Mitarbeitende können – oft unwillkürlich – die Selbsthilfekompetenz von Interessierten beziehungsweise Gruppen infrage stellen.
  • Sie können sich an Defiziten der Gruppen orientieren, statt die vorhandenen Möglichkeiten und Fähigkeiten aufzugreifen.
  • Sie können dem Impuls erliegen, sich auf einzelne Gruppenteilnehmende und nicht auf die gesamte Gruppe zu beziehen, wodurch Fraktionsbildungen verschärft oder sogar erst hergestellt werden können.
  • Sie können sich schwertun, eine zurückhaltende Rolle im Beratungs- und Begleitungsprozess einzunehmen. Sie können der Versuchung erliegen, ihre Stellung für persönliche Interessen, Neugier oder für berufliche Ambitionen auszunutzen. Sie können ihre Stellung für eine Dominanz bei der Definition und der Lösung von Gruppenproblemen missbrauchen.
  • Sie können Gruppen auf deren Weg zur Selbstfindung und Selbständigkeit überfordern und sie zu schnell verlassen.
  • Sie verhalten sich manchmal aus eigener Betroffenheit wie normale Teilnehmende und können sich dann nicht von der Gruppe abgrenzen oder nicht mehr ablösen.
Merke: Die Gefahr von Gruppenbegleitung oder festgelegten Programmen besteht darin, dass eine Fixierung auf berufliche Helfende oder auf eine bestimmte Vorgehensweise erfolgt und die Selbsthilfe-Gruppenarbeit nicht eigenständig entwickelt wird. Die Gruppe kann zum Beispiel nach dem Rückzug von den Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen oder nach dem Ende des Programms mit „Entzugserscheinungen“ reagieren. Sie hat dann nicht genügend Zutrauen in ihre Fähigkeiten zur eigenständigen, selbstverantwortlichen Gestaltung der Gruppe gefasst. Dieser Umstand ist auch der Grund dafür, dass angeleitete Gruppen oft nicht so erfolgreich arbeiten, wie vielfach erhofft, und sich nach dem Ende der Anleitung so fühlen, als stünden sie wieder am Anfang.

Gruppenregeln für Selbsthilfegruppen