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"Berufsrolle"

Berufsrolle

Berufsrolle

Die Selbsthilfeunterstützung ist ein Arbeitsfeld, in dem unterschiedliche Berufsgruppen tätig sind. Psycholog*innen, Soziolog*innen, Pädagog*innen und Sozialarbeiter*innen informieren und organisieren, sie beraten und begleiten Menschen, die sich für die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe interessieren oder sich bereits zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen haben. In den Selbsthilfekontaktstellen wird dies als Hauptaufgabe, in anderen Berufsfeldern neben den hauptsächlichen Tätigkeiten realisiert.
Während andere Fachkräfte im sozialen Bereich häufig in größeren Teams tätig sind, ist es in Selbsthilfekontaktstellen nicht unüblich, alleine oder zu zweit zu arbeiten.

Klärungsgespräch

Das Klärungsgespräch: Beziehung der Gesprächspartner*innen

Im Klärungsgespräch sind Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen meist die ersten Außenstehenden und nicht mit Versorgungsaufgaben betrauten Partner*innen, denen „Betroffene“ ihre Problematik offenbaren. Diese gehen damit einen ersten Schritt heraus aus ihrer Isolation. Nach dem Klärungsgespräch muss die betroffene Person ohne unterstützenden Beistand an der eigenen Problematik weiterarbeiten. In der Beziehung zwischen Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstelle und den Betroffenen wird eine Problembearbeitung nur angestoßen, die in einer Selbsthilfegruppe stattfinden soll. Daher haben Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen im Klärungsgespräch lediglich eine Brückenfunktion: Sie ermutigen Selbsthilfeinteressierte, sich zu artikulieren und sich die eigenen Bedürfnisse bewusst zu machen. Sie bereiten auf die Arbeit in einer zukünftigen Selbsthilfegruppe vor, geben Orientierung sowie Hinweise im Hinblick auf andere Möglichkeiten der Problembearbeitung und helfen bei der Entscheidungsfindung.

Klärungsgespräch

Das Klärungsgespräch: Rolle der Mitarbeitenden

Das Klärungsgespräch, wie auch die Beratung und Begleitung von Selbsthilfegruppen, verlangt vom Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstelle ein hohes Maß an Selbstwahrnehmung, Selbstkontrolle und Rollendistanz – auch und gerade hinsichtlich des Einsatzes eigener, beispielsweise in der Ausbildung erworbener fachlicher Kompetenzen. Es besteht die Herausforderung, den Gesprächspartner*innen solidarisch und einfühlsam zu begegnen und gleichzeitig die gebotene Distanz zu Person und Problemen zu wahren.

Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen sollten sich bewusst machen, dass sie verleitet sein können, Interessierte in unzulässiger Weise zur Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe zu drängen, zum Beispiel durch

  • das eigene, möglicherweise idealisierte Bild von Selbsthilfegruppen,
  • Anfragen von Selbsthilfegruppen nach neuen Mitgliedern und
  • Erwartungen des Trägers oder von Geldgebern, „möglichst viele Selbsthilfegruppen zu gründen” oder „möglichst viele Menschen in Selbsthilfegruppen zu vermitteln“.

Die Aufgabe von Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen ist es nicht, Verantwortung für die Entscheidung von Interessierten, wohl aber für den Entscheidungsprozess, das heisst für den dynamischen Verlauf und für die Struktur des Gesprächs zu übernehmen. Aus diesem Grund

  • machen sie die Funktion des Gesprächs und ihre Funktion als Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen deutlich,
  • geben sie den inhaltlichen und zeitlichen Rahmen vor,
  • arbeiten sie mit Interessierten deren persönliche Fragen und Motive heraus,
  • halten sie Zwischenergebnisse fest und geben Interessierten die Möglichkeit, sie zu überprüfen,
  • vermitteln sie Informationen und überprüfen durch Nachfragen, ob sie verstanden worden sind und
  • achten sie darauf, dass das Gespräch mit einer Entscheidung der Interessierten endet.

Folgende Leitsätze unterstützen die Mitarbeitenden bei der Beratung von Betroffenen und Angehörigen:

  • Mit den Betroffenen arbeiten statt für die Betroffenen.
  • An deren Fähigkeiten für die Problemlösungsansätze anknüpfen.
  • Zutrauen haben, dass die von Betroffenen selbst gesuchten Lösungswege funktionieren, statt diese und ihre Umsetzung vorzugeben.
  • Eine Komm- und Gehstruktur schaffen.
  • Betroffene miteinander in Kontakt bringen – Kooperationen und Vernetzung aufbauen.
  • Mit den Ratsuchenden Erfolgskriterien festlegen, woran erkannt wird, dass über das Zusammenwirken von Laienwissen und Expert*innenwissen ein vereinbartes Ziel erreicht ist.

Berufsrolle

Generalist*innen und weniger Spezialist*innen

Die Selbsthilfeunterstützungsarbeit ist fach- und themenübergreifend. Sie ist nicht einer bestimmten Kompetenz zuzuordnen, etwa im Umgang mit einer Erkrankung / einem Problem, sondern bedient sich dem „Generalistentum“ als Grundlage für kompetentes fachliches Handeln. Die zentrale Herausforderung besteht darin, eine übergreifende Gesamtkompetenz zu entwickeln, um die Kraft, die Selbstbestimmung und die Eigeninitiative von Selbsthilfeinteressierten und Selbsthilfeengagierten zu fördern. Das erfordert konzeptionelle Offenheit, differenzierte Herangehensweisen, Organisations- und Kooperationsgeschick.

Benötigt werden zum Beispiel spezifische Kenntnisse und Erfahrungen aus pädagogischen und psychologischen Berufsbereichen, etwa aus der Erwachsenenbildung, zum Beispiel gruppendynamische Verfahren, oder aus der psychologischen Beratung und der Psychotherapie, wie Methoden der Gesprächsführung. Erforderlich ist es ebenfalls, über die Struktur und die Angebote der gesundheitlichen und psycho-sozialen Versorgung in ihrer Stadt/Region Bescheid zu wissen. Ebenso von Vorteil sind soziale, kommunikative und reflexive Kompetenzen, wie beispielsweise Vielseitigkeit, Sensibilität, Flexibilität, Kreativität und Organisationsvermögen (NAKOS 2018).

Ganz treffend für das Bild des Generalisten und für die multifunktionale Rolle der Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstellen ist hier die Beschreibung von Matzat (1990) als „Zehnkämpfer“.

Selbsthilfeunterstützende als „Zehnkämpfer“

  • das Erstgespräch sollen wir führen wie Psychotherapeuten
  • den Zugang zu Selbsthilfegruppen bahnen wir wie Verbraucherberater
  • bei der Bildung neuer Selbsthilfegruppen wirken wir als Animateure
  • in der Gruppenberatung versuchen wir uns als Supervisoren
  • geht es um Informationsvermittlung, sind Erwachsenen-Pädagogen gefragt
  • den Zugang zu relevanten Broschüren und Zeitschriften eröffnen wir wie Bibliothekare
  • die Kampagnen der Betroffenen sollen wir unterstützen wie Gemeinwesenarbeiter
  • das soziale Klima beeinflussen wir als PR-Agentur der Selbsthilfe-Szene
  • den Kontakt zu anderen Einrichtungen halten wir wie Verbindungsoffiziere
  • dokumentieren und auswerten sollen wir wie die Begleitforscher

Berufsrolle

Handlungsorientierung für die professionelle Selbsthilfeunterstützungsarbeit

Folgende Verhaltensweisen sind als Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen zur Beratung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen relevant:

  • Zurückhaltung üben; sich nicht für das Gelingen und insbesondere auch nicht für das mögliche Misslingen von Selbsthilfegruppen verantwortlich fühlen
  • eine klare Rollendefinition vornehmen, das heißt nicht als Quasi-Mitglied handeln oder professionelle Kompetenzen aufdrängen, sondern das eigene Fachwissen nur als eine, vielleicht fruchtbar zu nutzende Möglichkeit anbieten
  • in kritischer Selbstreflexion überlegen, ob und was an Impulsen in die Selbsthilfegruppe hineingetragen werden sollte, ohne über die Gruppe zu bestimmen. Grundsatz sollte sein: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Der Wunsch der Gruppe nach einer fachlichen Intervention ist entscheidend, nicht eine professionelle Indikation
  • Möglichkeiten offenhalten – was die Flexibilität erfordert, sich selbst und eigene Konzeptionen, aber auch die eigene Motivation für die Arbeit mit Selbsthilfegruppen infrage zu stellen bzw. infrage stellen zu lassen
  • den Selbsthilfegruppen keine Ziele vorgeben; nicht von der Entwicklung oder den Lösungswegen einer Selbsthilfegruppe unbedacht auf andere Gruppen verallgemeinern; Schwierigkeiten im Gruppenverlauf oder bei der Entwicklung bzw. Veränderung von Zielen sind als ein Prozess zu begreifen, der für jede Gruppe unverwechselbar ist und von ihr eigenständig bewältigt werden muss.

Berufsrolle

Nicht Fürsorge, sondern Unterstützung zur Selbsthilfe

In der Selbsthilfeunterstützungsarbeit wird versucht, dem Postulat „Hilfe zur Selbsthilfe“ ernsthaft Rechnung zu tragen. Daraus folgt, dass die professionelle Selbsthilfeunterstützung nicht einfach nur ein weiteres Angebot im derzeitigen System der sozialen und gesundheitsbezogenen Hilfen ist. Vielmehr bildet sie als kooperative Beratung und Netzwerk-Förderung eine andere, innovative Form sozialer Arbeit.
Die Beziehung von Mitarbeitenden der Selbsthilfekontaktstelle und Betroffenen in Selbsthilfegruppen ist grundsätzlich kooperativ. Die Beteiligten sind gleichgestellte Partner*innen. Die Mitarbeitenden haben Klärungs-, Wegbereiter- und Feedback-Funktion. Sie sind darauf ausgerichtet, anregend und stabilisierend zu wirken. Sie tragen keine Verantwortung für eine Gruppengründung oder das konkrete Gruppengeschehen; hierfür sind Interessierte und Selbsthilfegruppen selbst verantwortlich. Die Mitarbeitenden müssen sich diese spezifische Rollenteilung im Unterstützungsprozess immer wieder vergegenwärtigen. Sie müssen diese ihren Partner*innen gegenüber transparent machen und mit ihnen erarbeiten. Die „Logik“ der gemeinschaftlichen Selbsthilfe ist grundsätzlich anders als die „Logik“ der herkömmlichen Hilfen. „Selbsthilfe“ kann nicht geplant, verordnet oder normiert werden nach dem Muster: „So muss das und so jenes gemacht werden, das sind die Aufgaben und das sind die Mittel.“

Wer als Mitarbeitende*r einer Selbsthilfekontaktstelle an der Verbreitung des Selbsthilfegruppengedankens und am Gelingen der Selbsthilfegruppenarbeit interessiert ist, ist möglicherweise zu einer Veränderung seines beruflichen Selbstverständnisses und seiner Berufsrolle herausgefordert. Es gilt, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen – demnach sich nicht mehr nur auf die kranke, auf die „negative“ Seite seines Gegenübers zu beziehen, sondern sich wesentlich für die „gesunden“ Anteile, für die „positiven“ Möglichkeiten und die vorhandenen „Selbstheilungs- und Selbstentwicklungskräfte“ zu öffnen. In der Rolle von Selbsthilfeunterstützenden geht es darum, aus dem ungleichen Gefüge der Helfer-Klient- / Arzt-Patient-Beziehung herauszutreten, eine Kooperationsbeziehung auf gleicher Ebene herzustellen und sich auf einen wechselseitigen Lernprozess einzulassen.

Da Mitarbeitende von Selbsthilfekontaktstellen außerdem zwischen betroffenen Laien und dem professionellen Versorgungssystem vermitteln, ist auch eine neue Sicht und Praxis der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen und sozialen und politischen Institutionen erforderlich.

Was die Betroffenen in Selbsthilfegruppen und die sozialen Akteure nicht an Handlungsmöglichkeiten selbst zu aktivieren vermögen, können auch Mitarbeitende von Selbsthilfekontaktstellen nicht „für sie“ aktivieren (NAKOS 2018).

Berufsrolle

Querschnittsaufgaben

Mitarbeitende von Selbsthilfekontaktstellen haben mit ihren themenübergreifenden Angeboten und wegen der Breite des Adressatenkreises inhaltlich und institutionell oft Querschnittsaufgaben zu lösen. Das kann bei der Klärung der individuellen Entscheidung von Interessierten für oder gegen die Mitwirkung in einer Selbsthilfegruppe, bei der kooperativen Herausarbeitung des Unterstützungsbedarfs bestehender Gruppen ebenso wie bei der Information anderer Fachleute oder von Journalist*innen der Fall sein. Immer sind die Kenntnis der institutionellen Gegebenheiten vor Ort, die Abstimmung im Netzwerk des regionalen Versorgungssystems und die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Selbsthilfeunterstützungsarbeit. Darin besteht eine Herausforderung, aber auch die Chance, als übergreifende „Innovationszentren“ zu wirken und Ideen und Forderungen der Selbsthilfegruppen in das herkömmliche Versorgungssystem hineinzutragen (NAKOS 2018).

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Reaktive und aktive Arbeitshaltung

Die angemessene Grundhaltung in der Selbsthilfeunterstützung ist reaktiv. Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen handeln in Bezug auf Wünsche und Nachfragen von Interessierten und bestehenden Selbsthilfegruppen, unter der Prämisse, das diese auf sie zugehen. Hierbei wird von einer KOMM-Struktur gesprochen.

Dennoch sind bei zahlreichen Arbeitsaufgaben ‚initiative’ und ‚aktivierende’ Elemente, wie sie die traditionelle Rolle von Helfenden kennzeichnen, zweckdienlich und nötig. Zum Beispiel bei der Bereitstellung von technischen/organisatorischen Serviceleistungen sowie bei der Netzwerkarbeit ist eine initiative und aufsuchende Haltung von Nöten. Auch bei der Anbahnung von neuen Kooperationen müssen Mitarbeitende der Selbsthilfekontaktstellen auf Menschen zugehen und Angebote unterbreiten. Diese Form der Arbeitshaltung wird als GEH-Struktur bezeichnet.

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Schwierigkeiten, die im Beruf auftreten können

Mitarbeitende der Selbsthilfeunterstützung berichten oft von einer hohen Arbeitszufriedenheit, aber wie bei jeder Arbeit können Beschäftigte auch hier mit Schwierigkeiten konfrontiert sein. Von den Selbsthilfekontaktstellen werden folgende Probleme beschrieben:

  • Einsamkeit: Etliche Mitarbeitende arbeiten alleine. Sie haben keine Möglichkeit zum unmittelbaren Austausch im Arbeitsalltag.
  • Abgrenzung gegenüber Ratsuchenden: In der Selbsthilfeunterstützung begegnet man Ratsuchenden mit unterschiedlichsten gesundheitlichen, seelischen und sozialen Problemen. Man hat zu tun mit Menschen in arger Not und mit vielleicht drängenden Erwartungen. Oft kann man auch nicht helfen und muss vielleicht die Hoffnung zerschlagen, dass gemeinschaftliche Selbsthilfe eine geeignete Unterstützung ist. Diese Hilflosigkeit kann belastend sein.
  • Eigene psychische Belastung: In sozialen Tätigkeitsfeldern wie der Selbsthilfeunterstützung liegt der Fokus auf den gesundheitlichen, emotionalen und zwischenmenschlichen Problemen und Sorgen der Betroffenen. Genauso können aber auch die Beschäftigten selbst von psychischen Herausforderungen betroffen und belastet sein, die der Rolle als helfende Person womöglich zu widersprechen scheinen.
  • Probleme bei der Vereinbarung von Beruf und Privatleben: Dienstliche Termine und Verpflichtungen passen nicht zusammen mit den Anforderungen als Mutter oder Vater oder Pflegeperson. Auch in der Selbsthilfeunterstützung sind Abendtermine oder Veranstaltungen am Wochenende üblich.
  • Überarbeitung: Die Menge der Aufgaben ist nicht zu bewältigen in der Arbeitszeit. Das kann sowohl organisatorische als auch persönliche Gründe haben. In einem Fall ist die Arbeitszeit oder die Zahl der Beschäftigten nicht ausreichend; im anderen Fall können sich Beschäftigte nicht ausreichend abgrenzen gegenüber Anfragen oder halsen sich gar absichtlich viel Arbeit auf, weil sie sich oder anderen etwas beweisen wollen.

Um mit Herausforderung der Selbsthilfeunterstützungsarbeit besser umgehen zu können, gibt es verschiedene Austauschmöglichkeiten auf Landes- und auf Bundesebene.

NAKOS: Landesweite Selbsthilfekontaktstellen
NAKOS: Landesarbeitsgemeinschaften der Selbsthilfekontaktstellen
NAKOS: Kontakt
DAG SHG e.V.: Veranstaltungen

Berufsrolle

Selbsthilfekräfte durch Empowerment stärken

Ziel von Empowerment ist die Förderung der Fähigkeit von Menschen, ihre soziale Lebenswelt und ihr Leben weitestgehend selbst zu gestalten.
Der Begriff Empowerment entstammt der amerikanischen Gemeindepsychologie und umfasst eine professionelle Haltung wie auch eine Arbeitsweise, die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften erhöhen sollen und es ihnen ermöglicht, ihre Interessen eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten. Empowerment bezeichnet dabei sowohl den Prozess der Selbstbemächtigung, zum Beispiel über Selbsthilfe, als auch die professionelle Unterstützung der Menschen, ihr Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit zu überwinden und ihre Gestaltungsspielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen. Konzeptionelle Ausgangslage ist eine Orientierung an den Stärken statt an den Defiziten.

Empowermentorientierte Soziale Arbeit setzt also einen Paradigmenwechsel im Hilfeverständnis voraus. Die Haltung einer „Arbeit am und im sozialen Kontext“ bedeutet, die Möglichkeiten zu verbessern, damit Betroffene ihre Interessen besser erkennen und vertreten können – und nicht, diese Interessen für die Betroffenen zu vertreten. Grundsätzlich ist die Selbsthilfeunterstützungsarbeit das beste Beispiel für empowermentorientiertes professionelles Handeln: Das Vertrauen der Ratsuchenden zum eigenständigen Handeln wird in Selbsthilfegruppen entfaltet. Selbsthilfeunterstützungsarbeit fördert auf der Gruppenebene durch Beratung und Begleitung, durch Fortbildung und die Bereitstellung von Infrastruktur, die Kompetenz von Selbsthilfegruppen. Auf der strukturellen Ebene nimmt sie eine Multiplikatorenfunktion ein, indem sie mit professionellen Einrichtungen, Institutionen, Politik und Verwaltung zusammenarbeitet und sich öffentlich für geeignete Rahmenbedingungen, einem sogenannten „selbsthilfefreundlichen Klima“ einsetzt (NAKOS 2018).

Leitsätze für empowermentorientiertes Arbeiten in der Selbsthilfeunterstützung

  • Mit den Betroffenen arbeiten statt für die Betroffenen.
  • An deren Fähigkeiten für die Problemlösungsansätze anknüpfen.
  • Zutrauen haben, dass die von Betroffenen selbst gesuchten Lösungswege funktionieren, statt diese und ihre Umsetzung vorzugeben.
  • Eine Komm- und Geh-Struktur schaffen.
  • Betroffene miteinander in Kontakt bringen – Kooperationen und Vernetzung aufbauen.
  • Mit den Ratsuchenden Erfolgskriterien festlegen, woran erkannt wird, dass über das Zusammenwirken von Laienwissen und Expert*innenwissen ein vereinbartes Ziel erreicht ist.