Selbsthilfegruppen bei psychischen Problemen und Erkrankungen benötigen besondere Aufmerksamkeit. Die Themen und Krankheitsbilder können sehr individuelle Ausprägungen und Mischformen aufweisen, und das Krankheitserleben kann sehr unterschiedlich sein. Anfragende haben oft hohe Erwartungen an die Selbsthilfegruppe, ihre Probleme sind manchmal diffus und häufig gibt es (noch) keine ärztliche Diagnose. Manchmal empfinden sie Scham und es kostet sie große Überwindung, über ihr Thema zu sprechen.

Beim Erstkontakt von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Problemen sind deshalb einige Fragen und Aspekte in besonderer Weise zu berücksichtigen:

  • Welche Erwartungen bestehen hinsichtlich der Teilnahme an einer Gruppe?
  • Welchen konkreten Hilfebedarf gibt es und wie wird der Gesundheitszustand eingeschätzt?
  • Besteht eine aktuelle therapeutische Behandlung?
  • Klären Sie im Beratungsgespräch über die Arbeit von Selbsthilfegruppen auf und weisen Sie darauf hin, dass es keine professionelle Gruppenleitung gibt (Abgrenzung zur Gruppenpsychotherapie).
  • Die Selbsthilfekontaktstelle bietet im Gruppengründungsprozess und darüber hinaus Unterstützung an (z.B. durch Moderation in der Gründungsphase oder durch Hilfe bei Konflikten).
  • Eine Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe ist kein Therapieersatz, oft aber eine sinnvolle Ergänzung zu einer bestehenden therapeutischen Behandlung.
  • Informieren Sie über die unterschiedlichen Konzepte, die der Gruppenarbeit zu Grunde liegen können (z.B. 12-Schritte-Programm).

Im Zuge einer angestrebten Gruppengründung sind neben den bekannten Grundlagen in der Gründungsbegleitung folgende Gesichtspunkte relevant:

  • Haben Sie Geduld. Trotz großer Nachfrage, entscheiden sich meist nur wenige Betroffene, die Verantwortung für eine eigene Gruppe zu übernehmen. Immer mehr Kontaktstellen gründen und begleiten deshalb selbst Gruppen. Bis die Gruppe etabliert ist und eigenständig arbeitet, bedarf es manchmal eines langen Atems mit kontinuierlicher Begleitung.
  • Kontaktstellen laden auch zu offenen Treffs ein, weil Betroffene eine Selbsthilfegruppe als zeitlich begrenzte Unterstützung nutzen. Aus diesen offenen Treffen geht unter Umständen eine feste Gruppe hervor.
  • Ist die Gruppenfähigkeit gegeben, zum Beispiel durch die Bereitschaft der Gründungsperson/-en sich anderen mitzuteilen und Eigeninitiative zu ergreifen?

Hinsichtlich der Begleitung von Gruppen zum Thema seelische Gesundheit ist zu beachten:

  • Die Gruppenleitungstätigkeit kann einzelne Betroffene überfordern: Unterstützen Sie die Gruppe dabei, die Aufgaben auf verschiedene Schultern zu verteilen und regen Sie einen bewussten Umgang mit persönlichen Grenzen an.
  • Menschen, die in einer psychisch instabilen Phase sind, könnten die Gespräche in einer Selbsthilfegruppe zusätzlich belasten.
  • Nehmen Gruppenmitglieder nur an Treffen teil, wenn es ihnen schlecht geht, ist diese geringe Verbindlichkeit für eine kontinuierliche Gruppenarbeit schwierig.
  • Fortbildungen zu Grenzsituationen/Supervision/Intervision für Gruppenmitglieder und für Mitarbeitende sind sinnvoll (insbesondere bei Konflikten und Krisen).